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Die Kommissionierung steht als eine der wichtigsten Aufgaben der Intralogistik vor entscheidenden Herausforderungen: Steigende Auftragsvolumina und der zunehmende Fachkräftemangel erschweren es, Waren in ausreichender Anzahl möglichst schnell zur Auslieferung bereitzustellen. Die Automatisierung der Pick- und Sammelprozesse mithilfe von Kommissionierrobotern kann hierbei die Kosten und den Zeitaufwand senken, die Fehlerquoten reduzieren und so die Effizienz des Lagers in erheblichem Maße steigern. Wie das genau funktioniert und welche Optionen es gibt, Kommissionierroboter in der Logistik einzusetzen, erfahren sie in diesem Ratgeber.

Was ist ein Kommissionierroboter und wie funktioniert er?

Die Technologie, die eine automatisierte Kommissionierung ermöglicht, reicht von Regalbediengeräten (RBG) bis zu autonomen Maschinen mit Greifarmen. Als Kommissionierroboter gelten laut Definition alle technischen Apparaturen, die

  • Lagerplätze selbstständig identifizieren,
  • Waren in der benötigten Anzahl entnehmen und zu einem bestimmten Ort transportieren,
  • sowie Lieferaufträge anhand eingegangener Bestellungen automatisch zusammenstellen.

Je nach Modell und Programmierung können Kommissionierroboter die genannten Aufgaben entweder vollkommen autonom oder teilautonom ausführen. Der Unterschied besteht in der Art und Weise, wie flexibel sich die Roboter im Lager bewegen:

  • Ein teilautonomer Kommissionierroboter hat aufgrund seiner Konstruktion einen eingeschränkten Aktionsradius. Ein Beispiel dafür sind Regalbediengeräte, die sich horizontal und vertikal im Regalsystem bewegen, um die erforderlichen Waren zu greifen.
  • Im Gegensatz dazu können sich autonome Kommissionierroboter mehr oder weniger frei in den Lagerräumen bewegen. Ihre Routen und Aktionsradien werden lediglich von der hinterlegten Programmierung beschränkt und können jederzeit angepasst werden.

In beiden Fällen sind die Roboter mit bildverarbeitenden Sensoren und Greifarmen ausgestattet und in die Lagerverwaltungssoftware eingebunden. Das ermöglicht es ihnen, den Lagerplatz der benötigten Artikel zu erkennen, die Waren in der gewünschten Menge aus dem Regal zu entnehmen und zu ihrem Bestimmungsort zu transportieren.

Verschiedene Arten von Kommissionierrobotern

Kommissionierroboter gibt es in zahlreichen Ausführungen. Die Konstruktionsweise und Programmierung des jeweiligen Systems bestimmt, für welche Aufgaben sie im Lagerbetrieb eingesetzt werden können. Es ist also wichtig, dass Sie sich zunächst überlegen, welche Prozesse der Intralogistik Sie mithilfe der Robotertechnik automatisieren wollen. Auf dieser Basis können Sie das optimale Modell für Ihren Betrieb wählen.

Ein Kriterium für die Auswahl ist die Art und Weise, wie Ware und Mensch zusammenkommen. Auf dieser Grundlage lassen sich Kommissionierroboter in zwei Kategorien einteilen.

Goods-to-Person-Roboter (G2P): Diese Roboter werden für die Ware-zum-Mann-Kommissionierung eingesetzt. In der Form von Shuttle-Systemen oder autonomen Robotern bringen sie die bestellten Artikel direkt zum Arbeitsplatz des kommissionierenden Personals, wo sie entsprechend der eingegangenen Bestellungen sortiert und zu Warensendungen zusammengestellt werden. Durch den deutlich geringeren Zeit- und Arbeitsaufwand für Picking und Transport steigt die Effizienz des Lagers erheblich.

Grafik Kommissionierroboter: Goods-to-Person-Roboter (G2P)

Person-to-Goods-Roboter (P2G): Diese Art der Kommissionierroboter vereinfacht die Logistik im Lager. Ein Beispiel dafür sind Kommissionierwagen mit Navigationssystem, die den Kommissionierenden beim Auffinden der Lagerplätze und dem Transport sperriger Güter unterstützen. Durch die direkte Zusammenarbeit mit dem Roboter wird das Lagerpersonal entlastet und die Fehlerquote beim Picking reduziert. Gleichzeitig bleibt jedoch ein hoher Grad an Flexibilität erhalten, was besonders für kleinere Lager oder Betriebe mit vorhersehbaren Umsatzschwankungen von Vorteil ist.

Grafik Kommissionierroboter: Person-to-Goods-Roboter (P2G)

Eine andere Form der Einteilung bezieht sich auf das Maß an „Selbstständigkeit“, mit dem ein Kommissionierroboter arbeitet. Deshalb ist wichtig zu wissen, dass beide der folgenden Kategorien sowohl als G2P- als auch als P2G-Roboter eingesetzt werden können.

Autonome Mobile Roboter (AMR): Diese Roboter zeichnen sich durch eine große Unabhängigkeit aus. Ohne menschliches Zutun navigieren sie durch das Lager, suchen Lagerplätze auf, verteilen oder entnehmen Waren und transportieren sie zu ihrem Bestimmungsort. Ob als fahrerlose Transportsysteme (FTS) oder AMR mit Greifarmen können sie für die Kommissionierung und Einlagerung genauso genutzt werden wie für die Materialversorgung der Produktion oder anderer Abteilungen. Neben den extrem flexiblen Einsatzmöglichkeiten gehören eine hohe Skalierbarkeit und die verhältnismäßig einfache Integration in bestehende Lagerumgebungen zu den großen Vorteilen der AMR.

Grafik Kommissionierroboter: Autonome Mobile Roboter (AMR)

Kollaborative Roboter (Cobots): Die direkte Zusammenarbeit ist das entscheidende Merkmal dieser Roboter. Sie arbeiten direkt mit dem Lagerpersonal und entlasten bei körperlich anstrengenden oder repetitiven Arbeitsschritten, zum Beispiel bei Pick-and-Place-Aufgaben oder Verpackungsprozessen. Dadurch verbessert sich sowohl die Ergonomie am Arbeitsplatz als auch die allgemeine Produktivität im Lager.

Grafik Kommissionierroboter: Kollaborative Roboter (Cobots)

In die vorgestellten Kategorien fallen Kommissionierroboter mit den verschiedensten Features und Autonomiegraden, sodass Sie – abhängig von der individuellen Lagerplanung Ihres Betriebs – für jeden Bedarf eine passende Lösung finden. Es gibt spezialisierte Robotermodelle wie zum Beispiel anthropomorphe Roboterarme (Roboterarme, die der menschlichen Anatomie und Bewegungsweise nachempfunden sind) oder Drohnen, die die Warenentnahme großer Stückzahlen beschleunigen oder schwer zugängliche Lagerplätze besser erreichen können. Dazu kommen Spezialroboter für bestimmte Branchen, die etwa die hohen Sicherheits- und Hygienestandards in der Pharma- oder Lebensmittelindustrie erfüllen.

Wo kommen Kommissionierroboter zum Einsatz?

Kommissionierroboter eignen sich für jedes Lager, in dem die Kommissionierung einen großen Teil des Arbeits- und Zeitaufwands der Belegschaft ausmacht. Dort kann die Automatisierung einzelner Arbeitsschritte oder des ganzen Prozesses die Lagereffizienz erheblich steigern und das Personal entlasten. Besonders lohnt sich das in Lagern mit

  • großer Artikelvielfalt,
  • hohem Umsatzvolumen,
  • hohen Anforderungen an kurze Lieferzeiten,
  • oder empfindlichen und hochwertigen Lagergütern, bei deren Kommissionierung und Transport besondere Vorsicht geboten ist.

Generell spielen die Art und Beschaffenheit der Lagergüter sowie Aufbau des Lagers und Lagerstrategie bei der Entscheidung jedoch eher eine untergeordnete Rolle, da die große Vielfalt und Flexibilität der Robotersysteme eine breite Anwendung ermöglichen. Aus diesem Grund werden Kommissionierroboter für die Logistik in unterschiedlichsten Branchen eingesetzt, zum Beispiel:

  • E-Commerce und Einzelhandel
  • Automobilindustrie
  • Lebensmittelindustrie
  • Pharmaindustrie
  • Produktionsbetriebe

Dort können sie neben der sachgerechten Handhabung der Artikel bei der Kommissionierung auch für andere innerbetriebliche Transportaufgaben, wie zum Beispiel die Materialverteilung und Produktionsversorgung, eingesetzt werden.

Sonderfall: Kommissionierroboter für Verpackungsstraßen und Förderstrecken

In sehr großen, umsatzstarken Lagern, die einen hohen Automatisierungsgrad anstreben, können Kommissionierroboter nahtlos in den ganzheitlichen Materialfluss eingebunden werden – entweder als Teil der Förderstrecke oder für anschließende Prozesse wie Verpackung oder Qualitätskontrolle.

In der Fördertechnik erledigen Roboter den Warentransport zu Förder- und Sortieranlagen. Neben einer intelligenten Steuerung der Förderprozesse ist dadurch auch eine optimale Ausnutzung der Lagerfläche möglich, da Sie auf breite Arbeitsgänge für den Einsatz von Hubwagen und Staplern bzw. Hochhubwagen verzichten können.

Beim Warenausgang lohnt sich der Einsatz von Robotertechnologien besonders für die repetitiven Abläufe bei Verpackung und Versand. Die Kommissionierroboter bringen die Waren direkt zu den Verpackungsstationen, wo weitere Transportverpackung sowie ggf. die Ladungssicherung auf Paletten ebenfalls automatisiert ablaufen.

Kommissionierroboter: Vorteile und Nachteile der Technologie

Die Vorteile, die Kommissionierroboter für die Logistik in Lager und Produktion haben können, sind inzwischen klar. Doch natürlich gibt es auch einige Nachteile, die vor allem mit den Investitionskosten und der Abhängigkeit von der Technologie zusammenhängen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Einbindung in bestehende Lagertechnologien und eine übergreifende Software zu Problemen führen kann. Darüber hinaus müssen Sie sicherstellen, dass Kommissionierung und Produktionsversorgung auch bei technischen Ausfällen sichergestellt sind.

Als Entscheidungshilfe für oder gegen Kommissionierroboter finden Sie alle Vorteile und Nachteile in der Übersicht:

Vorteile KommissionierroboterNachteile Kommissionierroboter
• Gesteigerte Effizienz im Lager durch zeitsparende Kommissionierung und höhere Durchlaufzahlen
• Kommissionierfehler können deutlich reduziert werden
• hohe Flexibilität und Skalierbarkeit ermöglichen optimalen Umgang mit Nachfrageschwankungen
• Personalkosten sinken
• optimale Ausnutzung der Lagerfläche
• Steigerung der Lagerkapazität
• Arbeitserleichterung für Lagerpersonal
• Kommissionierung rund um die Uhr möglich 
• vergleichsweise hohe Investitions- bzw. Anschaffungskosten
• Einbindung in bereits existierende Software und Abstimmung auf bestehende Systeme als Herausforderung
• Kosten und Aufwand für Wartung und Feinabstimmung
• Umgang mit technischen Problemen
• unausgereifte Kamera- und Ortungstechnologie kann zu Picking-Fehlern führen
• Einrichtung von Kommissionierwegen, Roboterzonen und Sicherheitswegen nötig

Auswahl und Implementierung geeigneter Kommissionierroboter

Planen Sie, Kommissionierroboter in Ihrem Lager einzusetzen, haben Sie die Wahl zwischen unzähligen Modellen, die sich in ihren Einsatzgebieten und Anbindungsmöglichkeiten teils stark unterscheiden. Das wirkt sich wiederum auf den Aufwand bei der Implementierung der neuen Technologie aus. Am besten gehen Sie Schritt für Schritt vor:

  1. Bedarfsanalyse

    Die Grundlage der Entscheidung für das geeignete Robotersystem sind die Bedingungen in Ihrem Betrieb. Ermitteln Sie wichtige Kennzahlen wie die Lagergröße, das Artikelspektrum, das durchschnittliche Auftragsvolumen und legen Sie anschließend fest, welche speziellen Anforderungen und betriebswirtschaftlichen Ziele erfüllt werden sollen. Damit grenzen Sie die Anzahl der geeigneten Kommissionierroboter schon im Voraus ein.

  2. Angebotsvergleich und Beratung

    Finden Sie heraus, welche Produkte Ihre Anforderungen am besten erfüllen und vergleichen Sie verschiedene Modelle und Anbieter. Achten Sie dabei auch auf Zusatzleistungen wie Hilfe bei der Implementierung, Wartungs- und Reparaturservice, Schulungen im Umgang mit dem Roboter etc.

  3. Integration in die bestehende Infrastruktur

    Legen Sie fest, an welchen Stellen bzw. bei welchen Aufgaben mehrere Robotersysteme miteinander in Kontakt kommen. Achten Sie darauf, dass die Kommissionierroboter mit den bestehenden Lager- und IT-Technologien kompatibel sind.

  4. Schulung

    Sorgen Sie dafür, dass das gesamte Lagerpersonal im Umgang mit den Kommissionierrobotern geschult wird, und informieren Sie es über Notfallpläne, um Produktions- und Lieferausfälle bei technischen Problemen zu vermeiden.

Kommissionierroboter in der Zukunft

An einigen Stellen stoßen die Robotersysteme für die Intralogistik aktuell noch an technische Grenzen. Obwohl bereits eine hohe Zuverlässigkeit beim Auffinden und Entnehmen der Waren erreicht ist, werden diese Punkte in Zukunft noch perfektioniert. Ziele der Forschung und Entwicklung sind unter anderem:

  • Steigerung der Autonomie durch Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning
  • Verbesserung der Navigation und Objekterkennung durch hochleistungsfähige Sensoren und Bildverarbeitungschips
  • Vereinfachung der Kommunikation mit Verwaltungssoftware und Lagerpersonal
  • Kostengünstigere Produktion neuer Robotergenerationen, die gleichzeitig leistungsfähiger und flexibler in ihrem Einsatzgebiet sind

FAQ zu Kommissionierrobotern

Wie unterscheidet sich ein Kommissionierroboter von einem Lagerroboter?

Kommissionierroboter sind auf die Kommissionierung spezialisierte Maschinen, die zur Gruppe der Lagerroboter gehören. Die Unterscheidung wird gemacht, weil es auch Robotertechnologien für andere Arbeiten in einem Lager gibt, zum Beispiel Roboter für den Materialtransport, für die Einlagerung von Waren oder Drohnen für die Bestandserfassung.

Wie hoch sind die Anschaffungskosten für einen Kommissionierroboter?

Eine genaue Zahl lässt sich hier nicht nennen, da die Anschaffungskosten von zahlreichen Faktoren abhängen. Dazu gehören die Art und Beschaffenheit des Kommissionierroboters, die Programmierungs- und Einsatzmöglichkeiten, die verwendete Software, die konkreten Modellspezifikationen sowie die Anbindungsmöglichkeiten an bestehende Förderstrecken oder andere Spezialroboter.

Reduziert der Einsatz von Kommissionierrobotern im Lager den Bedarf an Arbeitskräften?

Je nach Modell können Kommissionierroboter die Kommissionierung vollkommen autonom ausführen oder das Lagerpersonal bei der Arbeit unterstützen. Rein rechnerisch wird der Personalbedarf dadurch geringer. Allerdings können die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dann für andere Aufgaben eingesetzt bzw. durch ein geringeres, manuelles Arbeitsvolumen entlastet werden.

Welche Vorteile haben Kommissionierroboter gegenüber Regalbediengeräten?

Regalbediengeräte (RBG) gehören zu den teilautonomen Kommissionierrobotern. Mit ihrer Hilfe lässt sich das Auffinden der Lagerplätze und die Warenentnahme aus dem Lagerregal automatisieren. Das Personal übernimmt anschließend die Zusammenstellung der Warensendungen an die Kundschaft. Dadurch sind RBG ein wirksames Mittel, um die Kommissionierung effizienter und platzsparender zu organisieren und Pickfehler zu vermeiden.

Bildquellen:

© Jungheinrich AG